Franziska Moehrle-Potentiale

Entspannte Räume

Franziska Möhrle

Franziska Möhrle ist mit dem Duft und den Materialien einer Keramik-Werkstatt aufgewachsen – die Liebe zu offenen Formen begleitet sie ebenso wie die Geborgenheit einer weitläufigen Familie. Jetzt öffnet die angehende Architektin Räume auf Zeit und erforscht mit den Gästen gemeinsam die Wirkung von offenen und geschlossenen Formen.

Sitzecke Potentiale Feldkirch

Derzeit verbringt die Studentin im ersten Masterjahr der Uni Liechtenstein ein Auslandssemester an „The Royal Danish Academy Of Arts“ in Kopenhagen. Die Stadt findet sie zwar faszinierend und toll, aber für Franziskas Geschmack ist sie zu groß – da bietet ihre neue Wahlheimat Feldkirch in vielerlei Hinsicht mehr Geborgenheit und Wärme. Die junge Oberschwäbin fand viele offene Türen vor, als sie des Studiums wegen eine Wohnung in Feldkirch suchte, was ganz sicher an ihrem gewinnenden Wesen liegt. „Oft merkt man erst, wenn man weit weg ist, wo man sich Zuhause fühlt. Für mich ist Feldkirch ideal, es ist viel los für junge Menschen und trotzdem ist es klein und überschaubar. Man ist in einer Stadt, die immer wieder Urbanität erzeugt, aber auch überall schnell in der schönsten Natur. Aufgewachsen bin ich in der Nähe von Ravensburg, wo meine ganze Familie lebt, dort fühle ich mich auch sehr zu Hause. Und dann bin ich jeden Sommer in Südschweden und arbeite in einer Keramik-Werkstatt. Das alles ist für mich Zuhause.“

“Wie viel Material braucht es, um überhaupt einen Raum entstehen zu lassen?”

Nach dem Bachelor machte sie ein Praktikum im Architekturbüro von Martin Mackowitz und lernte dort gleich das Projekt Wanderkiosk hautnah kennen. Da dieser auf seiner Wanderung auch als Teil der Potentiale in Feldkirch Station machte, bekam Franziska von Gastronom Sebastian Geiger den Auftrag, das Festival-Café zu gestalten. Franziska Möhrle und ihre Freundin und Mitstreiterin Valerie Rainer nahmen den Auftrag an, gründeten ihre Bürogemeinschaft „Aufstrich“ und kreierten eine ungewöhnliche Erholungszone für die Gastronomie. Und gleich im folgenden Jahr konnten sie im Auftrag von POTENTIALe-Leiter Ingo Türtscher ein weiteres Element neu interpretieren:  Der Eingangsbereich, der Ort, an dem alle Festivalbesucherinnen und –besucher die Schranke passieren, eigentlich traditionellerweise ein „Un-Ort“, sollte nicht mehr nur Durchgangszone bleiben. Die junge Bürogemeinschaft „Aufstrich“ nahm auch diese Herausforderung an und kreierte eine Wohlfühlzone zum Ankommen und Bleiben. „Zu Beginn stand die Frage: Wie viel Material braucht es, um überhaupt einen Raum entstehen zu lassen?“, sagt Franziska Möhrle. „Unsere Basis war ein gemieteter Artcontainer, um den herum wir aus Gerüstelementen und Stoffbahnen ein Wohnzimmer bauten, mit Wohnzimmermöbel vom Flohmarkt. Wir waren immer dort, servierten einfache Getränke und die Leute blieben, oft sehr lange.“ Wie es sich für ein gemütliches Wohnzimmer gehört.

Am Ende des Designfestivals war klar, dass diese Zentrale noch Potenzial für weitere Aufgaben besaß. So stand sie noch weitere vier Wochen auf dem Reichenfeld und diente als Forschungslabor für die beiden jungen Architektinnen. Das Forschungsthema lautete: Was genau ist öffentlicher oder privater Raum?

Franziska Moehrle
Franziska Moehrle-Potentiale
Potentiale-Feldkirch

„Die POTENTIALe war ein perfekter Rahmen für diesen lebendigen Ort, immer wenn Festivals stattfinden, fühlt sich die Stadt sehr urban an. Uns hat interessiert, was danach passiert – es war November, es war kalt und ungemütlich, nicht mal die pop-up Räume im Feld wurden noch angenommen. Manchmal braucht es eben mehr als nur den Ort, der gebaut wurde. Der verlassene Ort verliert viel mehr als der noch nicht benutzte. Wir denken, dass es im öffentlichen Raum Architektur mit Inhalt braucht, nur der Raum alleine reicht nicht,“ sagt sie und fügt hinzu: „Ich weiß nicht, ob ich wirklich eine gute Architektin sein kann, weil ich immer am Menschen interessiert bin.“ Am Menschen und immer  wieder auch an der Keramik, weil sie zu strahlen beginnt, wenn sie von Material und Formen und den Mini-Räumen der Keramik-Objekte spricht. Dennoch beschloss sie Architektur zu studieren und parallel ihrer Leidenschaft Keramik nachzugehen.

Zum Glück hat sie das so entschieden, denn Architektur, die den Menschen im Blick hat, braucht die Welt so dringend wie eine schön geformte Tasse Tee. Am besten alles aus der Hand von Franziska Möhrle.